Weniger Steuergeld für Agrarfabriken

Agrarwandel, Klimaschutz, Agrarwende, Ökologisierung der Landwirtschaft – diese Schlagworte sind derzeit oft zu hören. Gern benutzt von Vertretern der NGOs und Oppositionspolitikern, oft zitiert in On- und Offlinemedien.

Bleiben sie alleinstehen, so wirken sie stark polarisierend. Diese Begriffe bedienen einerseits eine gewisse Selbstgerechtigkeit im Sinne von „Haltet den Dieb“ oder solche Gedanken wie „wenn die Anderen sich nur richtig verhalten würden, ja dann…“.

Andererseits stoßen sie die meisten Hauptakteure im ländlichen Raum, nämlich die Bäuerinnen und Bauern vor den Kopf und drücken sie auf die andere Seite. Gar nicht gut als Voraussetzung für das unbedingt erforderliche Miteinander. Mir fehlt da die Basis für eine gute Kommunikation.

Wenn wir nicht miteinander reden, geht nicht viel los. Gleich gar nicht lösen wir die großen Aufgaben, die in Deutschland und darüber hinaus anstehen.

Was ich meine, erkläre ich am besten am folgenden Beispiel:

Ich bin es leid, so leid  – immer wieder von „Agrarfabriken“ hören und lesen zu müssen!

Was mich daran so aufregt?

Gerade habe ich eine E-Mail von Campact e.V. bekommen. Unter der Überschrift *gestoppt* steht Folgendes:

Weniger Steuergeld für Agrarfabriken. Die Konzerne fordern, Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) liefert – so kennt es die Agrarlobby. Nun dürfte sie enttäuscht sein. Klöckner wollte wieder Milliarden an Subventionen vor allem an Agrar-Riesen vergeben. … Die Politik sollte uns Bürger*innen und Bäuer*innen verpflichtet sein – und nicht der Agrarindustrie.

Verhandlungen zur neuen europäischen Agrarförderperiode ab 2023

Zur Erklärung:

Gemeint sind die Ergebnisse der Verhandlungen zur neuen europäischen Agrarförderperiode ab 2023. Diese haben existentielle Bedeutung für die Bäuerinnen und Bauern gerade in Deutschland. So gut wie kein Landwirt – egal wie groß sein Betrieb ist – kann ohne diese regelmäßigen Einkommensstützungen auskommen.

Ich weiß noch genau, warum ich Campact vor Jahren meine E-Mail-Adresse mitgeteilt habe. Weil ich mich gegen ein bilaterales Handelsabkommen zwischen der EU und den USA eingesetzt habe – Stichwort Chlorhühnchen etc.

Gerade die Landwirte hätten in ihrer Wettbewerbsfähigkeit und mit ihnen unsere hohen Standards in Sachen Umwelt- und Verbraucherschutz immens gelitten.

Seitdem beobachte ich besonders in Sachen Landwirtschaft eine militante, polemische Wortwahl und eine ziemlich unreflektierte einseitige Betrachtungsweise bei Campact.

Und was mich am meisten dabei nervt – es gibt keinen Antwortbutton, womit ich mitteilen könnte, dass ich anderer Meinung bin. Immer nur – ich kann leider nicht teilnehmen

Agrarfabrik – Was ist das?

Und was genau ist nun mein Aufreger?

„Agrarfabrik“ – Was soll das bedeuten… (außer Polemik und Gräbenzieherei)!

Wikipedia schreibt:

1. Plantage, Agrarfabrik

In Abgrenzung zur bäuerlichen Landwirtschaft werden Bauernhöfe in der industriellen Landwirtschaft – teils polemisch – als Agrarfabrik oder Plantage bezeichnet. Plantagen (‚Pflanzung‘) sind ursprünglich Betriebe der tropischen Gebiete, die dauerhafte Pflanzen züchten und abernten.

Der Ausdruck ist meist negativ besetzt und beinhaltet Kritik an nicht artgerechter Massentierhaltung und der Bewirtschaftung großer Flächen mit Monokulturen, etwa für große Obstbaubetriebe. Insbesondere die Größe der Tierställe etwa in der Schweineproduktion oder Geflügelproduktion wird kritisch beurteilt.

2. dann weiter zu „industrielle Landwirtschaft

Als industrielle Landwirtschaft (auch Agrarindustrie) wird im engen Sinne ein Typ von Landwirtschaft bezeichnet, der industriespezifische Produktionsweisen verwendet… Kennzeichen landwirtschaftlicher Industriebetriebe sind ein hoher Spezialisierungsgrad, die Verwendung technischer Verfahren, ein hoher Kapital– und Energieeinsatz, eine hohe Produktivität und der Übergang zu standardisierter Massenproduktion…

Im weiten Sinne werden alle Agrarsysteme, bei denen Maschinen zum Einsatz kommen, als Industrielle Systeme bezeichnet. Sie stehen damit den traditionellen Landwirtschaftsformen gegenüber, deren Arbeitsschritte ausschließlich durch menschliche und ggf. tierische Arbeitskraft bewältigt werden.

3. und gleich noch nachgeschlagen unter Massentierhaltung:

…bezeichnet die Intensivhaltung einer größeren Anzahl von Tieren…

In den 1960er Jahren wurde diese Form der Nutztierhaltung als „moderne Massentierhaltung“ begrüßt, da eine Steigerung der Produktivität und Rentabilität der Ernährungssicherheit diente und tierische Lebensmittel erschwinglich machte. Inzwischen treten diese Argumente in den Hintergrund. Tierische Produkte sind günstig und ein großer Teil der erzeugten Produkte geht bspw. in Deutschland in den Export. Wegen einer Vielzahl sich ergebener Begleiterscheinungen der Massentierhaltung ist der Begriff inzwischen meist negativ konnotiert. Befragte Verbraucher assoziierten mit dem Begriff Massentierhaltung „Grausamkeit und Ungerechtigkeit“. Sie nannten auch „Qual/Quälerei“ besonders in der Geflügelhaltung, wo sie die seit 2012 in der EU verbotene Käfighaltung beispielhaft dafür nannten.

Agrarfabriken was ist das

Gefühle vs. ökonomische Interessen

Bei der Massentierhaltung geht es Wikipedia neben der produktiven und rentablen Ernährungssicherheit für uns Menschen also um Gefühle, die befragte Verbraucher äußerten.

Ganz ehrlich? In welcher (systemrelevanten) Branche werden denn außerdem Gefühle als objektives Kriterium herangezogen?

Wofür gibt es gerade in der deutschen Landwirtschaft einen Riesenstapel an Rechtstexten? Ich weiß aus meiner aktiven Geschäftsführungspraxis, dass an jedem Fördermittelbescheid 4-5 Seiten einzuhaltender Vorschriften und Gesetze dranhängen, mit Subventionsbelehrung.

Und Verstöße dagegen tun richtig weh, weil bei einem 1.000-Hektar-Betrieb da schnell mal fünfstellige Beträge zurückgezahlt werden müssten. Da ist ganz leicht die Jahreslohnsumme für zwei Mitarbeiter erreicht.

Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Gefühle sind auch mir sehr wichtig. Sie zeigen mir, ob ich auf meinem (für mich richtigen) Weg bin und – Mitgefühl für andere Geschöpfe – ist das Fundament unseres Zusammenlebens. Wenn ich mich recht erinnere, so beruht das heutige Tierschutzgesetz auf dem Ansinnen, einer Verrohung der Gesellschaft vorzubeugen. Hört, hört…

Doch sollten wir nun das Kind mit dem Bade ausschütten? Und übers Ziel hinausschießen, in unserer Regulierungswut? Oder ist das wieder so typisch deutsch?!?

Ich wünschte mir, dass dem geneigten Leser, der interessierten Zuschauerin – gut recherchiert – aufgezeigt wird, warum ein Tierhalter überhaupt eine Mindestanzahl von Tieren halten und wieso ein Hühner- oder Schweinestall eine bestimmte Größe haben muss. Es ist eigentlich leicht zu erraten – es hat tatsächlich ökonomische und damit existentielle Gründe. Um nur mal den Lohn für eine Arbeitskraft zu erwirtschaften, braucht es eben eine Mindestanzahl von Tieren. Und selbst, wenn auf eher traditionell aufgestellten, kleineren Höfen der Opa nachmittags nach den Kühen schaut – das alles ist Arbeitszeit und Aufwand, der bezahlt werden muss – über das Produkt.

Auch ein Bauer ist Unternehmer und muss Gewinne erwirtschaften, sonst geht er unter und wir können uns unsere Erzeuger für „unser täglich Brot“ beliebig austauschbar und weltweit suchen…und wären am Ende sowieso die Verlierer.

Denn wem nützen die niedrigen Lebensmittelpreise in Deutschland am meisten? Richtig- uns Verbrauchern. (Und natürlich den Politikern – Brot und Spiele?)

Bald beginnt die Grillsaison und Ostern ist gerade vorbei – noch regiert der Preis. Hab ich gerade wieder gelesen.

Agrarfabriken – Ein Umdenken ist notwendig

Beim Praxis-Talk #05 von Farm & Food 4.0, einem Innovators Network,  ging es letztens genau darum, ob es den Landwirten gelingen kann, sich aus dem System der Produktion für den Weltmarkt zu lösen.

Ein einziges Prozent unserer Ernährung in Deutschland wird gegenwärtig über die regionale Direktvermarktung abgedeckt! Wenn sich auch etwa 50 % der Konsumenten direkt oder indirekt für ihr Essen interessieren. Dazu zählen allerdings auch die Leute, die ihr Essen auf den Social-Media-Kanälen posten.

Na ich sehe da noch ganz viel Luft nach oben. Nur – die Landwirte müssen im Hamsterrad treten und können nicht warten, wann sich die Lippenbekenntnisse in echte Taten verwandeln.

Im 2. Abschnitt,  zur industriellen Landwirtschaft, lese ich doch, dass irgendwie jeder Landwirt, der mindestens eine Maschine und damit mehr als sich selbst und seine Tiere zur Verrichtung seiner Arbeit nutzt, industriemäßige Landwirtschaft betreibt. Also quasi jeder Bauer, jede Bäuerin heute. Beruhigend.

Also nur mal so:

  • den Lebensmittelhandel weltweit teilen 5 Konzerne unter sich auf,
  • wir leben im Zeitalter der Globalisierung, mit all ihren Vor- und Nachteilen,
  • wir agieren in Zeiten von Just-in-time, wo ein querliegendes Frachtschiff im Suez-Kanal europäische Lieferketten in ernste Gefahr bringt

und die Gesellschaft erwartet ernsthaft, dass unsere Landwirte:

  • in kleinsten Strukturen nach alten Arbeitsmethoden Höchstleistungen erbringen?
  • Nahrung und Rohstoffe in super Qualität und Menge, ständig verfügbar, billig, hygienisch einwandfrei, standardisiert bereitstellen
  • Natur und Umwelt freiwillig und kostenlos schützen
  • transparent und gläsern sind und, und, und…

Ok – ich rede mich gerade in Rage.

25 Jahre Praxis sitzen tief.

Natürlich ist gerade in den Reihen der Landwirte ein neues Denken gefragt. Die Herausforderungen verschiedenster Art und Ursachen wachsen. Kopf in den Sand zu stecken und zu hoffen, dass alles wird wie früher, hilft nicht weiter.

Agrarfabriken Steuergelder reduzieren

Gemeinsam an Lösungen arbeiten

Aber was auch nichts nützt, sind Schuldzuweisungen. Das vertieft nur die Gräben…auf allen Seiten.

Und deswegen reagiere ich mittlerweile so allergisch auf diese Begriffe wie Agrarfabriken, Ackergifte, Massentierhaltung… und was da alles so an Schlagwörtern verwendet wird. Es verschafft mediale Aufmerksamkeit, bringt uns aber nicht weiter. Wir sollten Plattformen schaffen, wo wir uns austauschen können.

Wo wir gemeinsam nach den richtigen Wegen suchen – miteinander und auf Augenhöhe.

Erst wenn wir die Sichtweise des Anderen kennenlernen, ist echte Kommunikation möglich.

Dann finden wir auch Lösungen – gemeinsam!

In den Schuhen des Anderen zu gehen, hilft dabei.

Oder was meinen Sie? Schreiben Sie mir Ihre Meinung oder lassen Sie einen Kommentar da.

Und wenn Sie den Beitrag teilen, dürfen sich noch mehr Menschen Gedanken darüber machen, wo ihr täglich Brot herkommt und wie es in Zukunft damit beschaffen sein sollte.

Ihre Claudia Mönch

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Claudia Mönch

Landwirtschaft darf innovativ, nachhaltig, neu und bunt sein! Ich helfe Ihnen dabei – weil ich weiß, wie Landwirte denken.

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